Heilen durch Handauflegen? Aus Wasser Wein pantschen? Das Meer teilen? Wenn da mal keine Psychose im Spiel ist! Diese Weihnachtsgeschichte deckt die ganze Wahrheit auf.
Ein Mann, einst voller Tatendrang,
war im Leben vor nichts bang.
Mit Pennern teilte er sein Brot
und half Menschen aus der Not.
Doch jetzt kann er nichts mehr tun,
denn auf dem Sofa liegt er nun.
Die Frau mit Klemmbrett neben ihm
stellt ihm Fragen, sehr intim.
Wie er sich fühle, will sie wissen.
Sein Kopf sinkt tiefer in das Kissen.
Der Stift schreibt rhythmisch auf das Blatt,
dass der Patient Probleme hat.
„Kranke Körper heilen Sie?
Wie geht das denn ohne Magie?
Ein Arzt sind Sie ganz sicher nicht,
das sehe ich an Ihr‘m Gesicht.
Lange Bärte als schön gelten
unter Medizinern selten.
Durch Handauflegen heilen Sie?
Willkommen in der Psychiatrie!
Ihr Leiden wollen wir vermindern,
die böse Psychose ein wenig lindern.
Für sich selbst sind Sie gefährlich,
denn Ihre Kleidung, die ist spärlich!
Sandalen im Winter, im feuchtkalten Nass?
Selbstverletzung nenne ich das!
Auch erzählten Sie mir heut‘,
Sie hätten einst das Meer geteilt?
Guter Mann, Sie wissen schon,
dies war ‘ne Halluzination!“
Die Frau fragt weiter sehr erbittert;
die Hand des Patienten unruhig zittert.
„Entstanden sind Sie ohne Sex?
Das ist der Ödipus-Komplex!
Beschützen woll‘n Sie Ihre Mutter,
damit geben Sie mir Futter!
Denn Ihr Vater, der alte Bock,
hatte seine Finger bestimmt unter’m Rock!
Ihre Mutter ist nicht rein,
so grausam kann Realität doch sein!
Was? Sie sind der Vater und der Sohn?
Das geht doch nicht in einer Person!
Erkenne ich nun, Sie sind klar geneigt
zu ‘ner multiplen Persönlichkeit!
Auch unterm demenziellen Syndrom
leiden Sie meiner Meinung nach schon!
Wieso sonst wär’n Sie in der Nacht
in einer Höhle aufgewacht?
Ohne zu wissen ganz klar,
was in den letzten zwei Tagen geschah.
Auferstehung nennen Sie das?
Erlauben Sie sich einen Spaß?
Für mich klingt das, ganz ohne Schmarrn,
nach ausgeprägtem Größenwahn!
Weihrauch haben Sie geatmet?
Na, wer hätte das erwartet?
Und ein Weihnachtsstern, nun kommen Sie schon,
diente den Schenkern als Navigation?
Auch mit den Seuchen die Geschichte
sehe ich in and’rem Lichte.
Ne Allgemeingefahr das ist,
Sie sind Biowaffenterrorist!
Wasser haben Sie vergiftet?
Welche Plagen noch gestiftet?
Babys ermordet? Geht’s noch?
Sie kommen in unser tiefstes Loch!“
Die Psychologin, mit eisernem Wille,
starrt über ihre randlose Brille.
Ein breites Grinsen lässt sich verorten,
so sagt sie mit geklauten Worten:
„Komm Herr Jesus, sei unser Gast
und segne, was du dir bescheret hast!
Uns’re Tore öffnen sich nie,
in der geschloss’nen Psychatrie.“
Und so wurde unser Held
für immer unter Arrest gestellt.
Zuvor half er Menschen ritterlich,
doch jetzt umarmt er nur noch sich.
Diese kleine Weihnachtsgeschichte ist ein Auszug aus dem Roman „Sternchen im Katzenklo“.
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